Die Geschichte der Feuerwehr Kelkheim

(Vor unserer Zeit)

Der Brand von Kelkheim 1671
Lange Zeit brauchte das kleine Dorf Kelkheim, um sich von den Wunden des Dreißigjährigen Krieges zu erholen. An den beiden Dorfstraßen Langgasse und Zwerchgasse (Haupt- und Mühlstraße) lagen 1671 wieder 18 Hofreiten. Im selben Jahr wurde Kelkheim von der größten Katastrophe in seiner Geschichte heimgesucht.

Am Samstag, dem 2. Mai durfte die Frau des Niclas Cuntz nachmittags das Gemeindebackhaus benutzen. Sie hatte das Brot im Ofen, plötzlich entstand etwas davon entfernt ein Feuer. Das Gemeindebackhaus begann zu brennen und setzte außer dem Rathaus noch zwei weitere Häuser in Brand. Die beiden Gebäude wurden völlig vernichtet. Ein Übergreifen auf andere Häuser konnte jedoch verhindert werden. Die Brandursache blieb ungeklärt. Niemand gab Niclas Cuntzen Frau die Schuld, weil der Backofen in einem festen Gewölbe stand und von dort das Feuer nicht entstanden sein konnte.

Doch sollte es dem Ort noch weit verhängnisvoller ergehen. Noch hatten sich die erregten Gemüter der Einwohner nicht beruhigt, als man am folgenden Sonntag, dem 3. Mai, des Nachmittags gegen vier Uhr einen Knall, wie von einem Musketenschuss, hörte. Augenblicklich stand die mit Stroh gefüllte Scheune des Niclas Stephan in hellen Flammen. Von dort breitete sich das Feuer mit großer Schnelligkeit auf etwa 40 Häuser, Scheunen und Stallungen aus und äscherte sie ein. Jeder Bürger hatte die Pflicht, einen ledernen Feuereimer zu halten, aber löschen ließen sich die Flammen mit dem wenigen Wasser nicht. In kurzer Zeit verzehrte das Feuer die mit Stroh gedeckten Fachwerkhäuser. Die zur Brandbekämpfung herbeigeeilten Feuerläufer aus den benachbarten Dörfern konnten nur noch die restlichen Häuser schützen. Sogar aus Hattersheim wurden Feuerleitern herangefahren.
Die Feuersbrunst zerstörte drei Viertel des Dorfes! Nur sechs Hofreiten blieben verschont. Die meisten Bauern konnten weder Fuhrgeschirr noch Hausrat retten. Die Betroffenen mussten mit ihrem Vieh unter freiem Himmel hausen. Allgemein glaubten sie, dass es Brandstiftung gewesen sei, wussten aber niemanden dafür anzugeben. In den Nachbargemeinden verbreitete sich deshalb Angst und Sorge.

Am 5. Mai baten die Brandgeschädigten den Oberamtmann in Königstein, Georg Philipp von Greifenclau, um Nachlass der Steuern und Frondienste. Auch Holz zum Häuserbau und Brot erhofften sie von der Obrigkeit zu erhalten. Die hilfsbereiten Hornauer, die mit Fuhrwerken halfen, die Brandplätze zu räumen und neues Baumaterial heranzufahren, sollten eine Zeitlang ebenfalls von Fronfuhren verschont bleiben.

Der Eppsteiner Keller C. Conter übersandte dem Oberamtmann am 9. Mai ein Verzeichnis der Geschädigten. Es enthielt Angaben über Geldmittel, die diese von der Herrschaft zum Neuaufbau der Häuser und Scheunen vorgestreckt haben wollten. Werner Herr, Schultheiß, dem drei Hofreiten abgebrannt, 100 Gulden, Nikolaus Stephan 50, Georg Reitz 20, Johannes Klarmann 40, Hans Conrad Herr 60, Johann Stephan 60, Georg Milius Witwe 30, Philipp Bott 20 und Jacob Henrich 30; Summa 410 Gulden.

Die kurfürstliche Regierung in Mainz genehmigte bereits am II. Mai 1671 den Betrag von 400 Gulden, die der Keller in Eppstein aus der Steuereinnahme gegen Quittung auszahlen sollte.

Aus: Dietrich Kleipa, Kelkheim/Taunus, Ein Streifzug durch die Geschichte der Stadt, 1968

Soweit die Ereignisse von 1671. Die verheerenden Auswirkungen des Schadenfeuers sind unschwer zu erkennen, denn der Verlust sämtlicher Habe war die Regel. Die Betroffenen standen vor dem Nichts und hatten meist nicht einmal Ersparnisse. Selbst die Gemeinde konnte erst 1688, nach 17 Jahren, ein neues Rathaus bauen.

Erst mit Einführung der gemeinnützigen Brandversicherungsanstalten als Versicherung gegen die Folgen von Feuer verbesserte sich die Situation der Geschädigten. Die Hamburger Feuerkasse war 1676 die erste ihrer Art. Sie war Vorbild für die in den folgenden 150 Jahren in sämtlichen deutschen Ländern gegründeten Brandkassen. Diese versicherten den Gebäudebestand und veranlassten auch Brandschutzmaßnahmen, wie z. B. die Nummerierung der Häuser. Kurmainz, zu dem Kelkheim gehörte, richtete 1780 eine „Brandassekuranzanstalt“ ein. Die später zuständige „Nassauische Brandversicherungsanstalt“ wurde 1806 gegründet. Nicht ohne Grund ist die Feuerversicherung bis heute ein Muss für jeden Hausbesitzer, auch wenn das Monopol der auf dieses Risiko spezialisierten „Anstalten“ inzwischen abgeschafft wurde.

(Die Gründung der Feuerwehr)

Warum gerade im Januar 1897 in Kelkheim eine freiwillige Feuerwehr gegründet wurde, konnte nicht ermittelt werden. Wahrscheinlich gab es bis dahin eine Pflichtfeuerwehr, wie auch Löschgeräte und eine Spritze vorhanden waren. Letztere stammte aus dem 1808 gegründeten Spritzenverband des Amtes Eppstein, dem auch Kelkheim angehörte, und wurde 1873 bei Auflösung des Verbandes von der Gemeinde für 402 Taler ersteigert. Gleichzeitig ging mit Übernahme der Eppsteiner Spritze die Löschhilfe für Fischbach auf Kelkheim über, weil es dort noch keine gab. Das „Protokollbuch des Gemeinderats Kelkheim“ vermerkt unter dem 15. Juni 1885: „Es sind ca. 50 neue Feuereimer vorhanden, welche noch zu zeichnen sind. Wilhelm Scholl II, dahier, verlangt pro Stück mit ‚G. K.‘ zu zeichnen, 5 Pfennig“.

Unter dem gleichen Datum wurde beschlossen, Armbänder für die Spritzenmannschaft zu beschaffen. Die Ausbildung war jedoch mit Sicherheit nicht sehr systematisch, und auch die Wartung der Gerätschaften wird eher schlecht als recht gewesen sein. Da die Angehörigen von Pflichtfeuerwehren ihren Aufgaben in aller Regel nur widerwillig nachkamen und es im Ernstfall immer wieder zu erheblichen Unzulänglichkeiten kam, verbreitete sich der Gedanke einer „Freiwilligen Feuerwehr“, von Süddeutschland ausgehend, immer mehr. So wurden in der Umgebung Kelkheims bereits gut funktionierende freiwillige Wehren in Höchst (1852), Hofheim (1868), Königstein (1876) und Soden (1868) gegründet. Vielleicht hat aber auch ein besonderes Ereignis, sprich Feuer, jene 47 Männer zur Gründung und dem gleichzeitigen Beitritt veranlasst.

Schauen wir uns im Dorf Kelkheim des Jahres 1897 etwas näher um. An Straßen gab es (heutige Namen) die Hauptstraße und die Töpferstraße, die Mühlstraße, die Bahnstraße bis zur Frankfurter Straße, die Weberstraße, die Hornauer Straße etwa bis zum heutigen Kaufhaus Rita Born, die Hochstraße und die Schulstraße, sowie die Bergstraße, die heute Teil der Hauptstraße ist.
Die etwa 1200 Köpfe zählende Bevölkerung war in der Landwirtschaft und in Heimarbeit als Weber tätig. Einige Männer verdingten sich als Fabrikarbeiter überwiegend in Höchster Betrieben bei zwölf Stunden täglicher Arbeitszeit von Montag bis Samstag, die Wegzeit nicht gerechnet. Letzteres war ein besonderes Problem, denn an eine Eisenbahnlinie war noch nicht zu denken, diese kam erst 1902 mit Eröffnung der Königsteiner Kleinbahn. Wer also in die Stadt musste, ging entweder zu Fuß direkt dorthin oder in das näher gelegene Soden. Von dort gab es seit 1868 eine Bahn nach Höchst.
Auch die Landwirtschaft lief mehr schlecht als recht, denn durch die über Generationen vorgenommene Realteilung wurden die Acker und die Höfe immer kleiner.

Aber unsere kleine Gemeinde befand sich im Aufbruch, suchte Anschluss an das Industriezeitalter. Die Gründung zahlreicher holzverarbeitender Betriebe im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts legt hierfür beredtes Zeugnis ab und bildete schließlich den Grundstock für die spätere Bekanntheit Kelkheims als „Stadt der Möbel“. Damit könnte auch die Notwendigkeit für die Einrichtung einer Feuerwehr belegt werden, denn die besonderen Brandgefahren, die von den Schreinerwerkstätten ausgingen, hielten die Kelkheimer Feuerwehr in den Folgejahrzehnten stets gut in Trab. Immerhin waren unter den 47 Gründern 24 Schreiner, jeweils drei Gastwirte, Schneider und Landwirte, ferner Maurer, „Fabrikarbeiter“, ein Hofgutsverwalter, Schlosser, Schmied, Weißbinder, Töpfer, Dreher, Müller, Gerber und „Taglöhner“.

Zum Ende des vorigen Jahrhunderts gab es vor allem in Süddeutschland, wo überhaupt die ersten freiwilligen Feuerwehren im deutschsprachigen Raum entstanden, eine regelrechte Feuerlöschgeräteindustrie. Auch das erste Mitgliedsbuch mit geprägten Goldbuchstaben, „Stamm-Liste der freiwilligen Feuerwehr“ genannt, stammt von einem „Verlag der Zeitung für Feuerlöschwesen in München“. Die organisatorischen Voraussetzungen waren also gegeben, und Kelkheim erhielt seine Feuerwehr. Lassen wir Seite l des Protokollbuchs sprechen. Dort heißt es in sauber gemalter Sütterlin-Schrift:

Geschehen Kelkheim Ts., 18ten Januar 1897
Unter dem heutigen versammelten sich die in der Stammrolle näher genannten Personen im Gasthaus „Zum Schützenhof“ um eine freiwilige Feuerwehr für die Gemeinde Kelkheim zu constituieren.

Unter dem Vorsitz von Johann Jösch wurden die hierzu nöthigen Wahlen des Vorstands vorgenommen.

Es wurden gewählt:
1. Johann Jösch als Hauptmann und Führer
2. Erasmus Klarmann II als Adjudanten oder Vertreter des Hauptmannes
3. Nicolaus Seebold als Inventarverwalter gleichzeitig Rechner

Dieselben haben die Wahl angenommen was diese durch ihre Unterschrift bestätigen und sofort die geschäftlichen Arbeiten, sowie die Ausbildung der Wehr übernommen.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben. Nicolaus Seebold, Schriftführer

Johann Jösch


Gutsverwalter
1. Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Kelkheim-Mitte
18.1.1897 – 8.7.1897